Vom 11. bis 14. März 2024 fand in der Villa Vigoni ein trilateraler Workshop zum Thema "Religiöse Mobilitäten: Aushandlungen und Konflikte in Europa seit der Frühen Neuzeit bis ins 21. Jahrhundert" statt. Die Veranstalung wurde von IFRA-SHS, dem Centre Marc Bloch Berlin, der Goethe-Universität Frankfurt/M., der École des hautes études en sciences sociales Paris und der Villa Vigoni - Deutsch-Italienisches Zentrum für den Europäischen Dialog organisiert.
Die Tagung richtete sich an fortgeschrittene Masterstudierende, Doktorand*innen und Postdoktorand*innen, die Forschungsprojekte zum Themenfeld Migration und Religion bearbeiten und die an einer deutschen, französischen oder italienischen Universität in Geschichte, Politik- und Sozialwissenschaften, Anthropologie, Literatur- oder Kulturwissenschaften eingeschrieben sind. Sie sollte Raum für den Austausch über aktuelle, noch nicht abgeschlossene Forschungsprojekte zum Themenfeld Migration und Religion bieten. Ein besonderes Anliegen was es, jüdische, christliche und islamische Mobilitäten miteinander in Verbindung zu bringen. Praktiken von Diskriminierung, Migration und Flucht konnten so in der longue durée und religionsübergreifend miteinander verglichen.
Welche Bedeutung hatte und hat Religion im Zusammenhang mit Migration und Flucht? Religiöse Zugehörigkeit wird als Grund von Flucht in der öffentlichen Diskussion oft stark betont, ist aber von der Forschung als Faktor von erzwungener und freiwilliger Mobilität zu wenig untersucht worden. Gegenwärtige und vergangene Gesellschaften sind bzw. waren durch Migration mit religiöser Vielfalt konfrontiert und gleichzeitig veränder(te)n sich Religionsgemeinschaften durch die Mobilität der Gläubigen. Die Tagung leistete einen substantiellen Beitrag zum besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen Mobilitäten, gelebter Religion und religiösen sowie gesellschaftlichen Institutionen. Sie schärfte den Blick für die historischen Kontexte und Dynamiken, die (Zwangs-)Migrationen und religiöse Mobilitäten bestimmt haben und nach wie vor beeinflussen. Dabei sollte bewusst eine europäische Perspektive eingenommen werden, die die verschiedenen religiös bedingten Mobilitäten (z.B. Zwangsausweisungen, Flucht, Mission, Diaspora) miteinander in Beziehung setzen soll. Außerdem hat eine transepochale Perspektive die Muster sowie die Eigendynamiken religiöser Mobilitäten über einen langen Zeitraum hinweg sichtbar gemacht. Die Tagung hat ein Forum für den Austausch über jüngste Forschungsentwicklungen gebieten und der Bedeutung von Religion für die Analyse von Mobilitäten einen größeren Stellenwert zuschreiben. Dabei haben die Besonderheiten von religiöser Diasporabildung ebenso in den Blick genommen wie die Auswirkungen von religiös bedingter Flucht und Migration auf die Zusammensetzung der Aufnahmegesellschaften. Ein besonderes Augenmerk wurde den multireligiösen Stadtgesellschaften gewidmet.