Imperiale Räume

Imperiale Räume


Imperien, so schien es noch vor kurzer Zeit, gehören der Geschichte an - zumindest in ihrer aggressiven, auf gewaltsame Expansion setzenden Form. Der Nationalstaat war, so der verbreitete Eindruck, in den letzten Jahrzehnten zur bestimmenden Form politischer Machtausübung und gesellschaftlichen Zusammenlebens geworden, ergänzt durch trans- und supranationale Strukturen wie die Europäische Union. Der russische Überfall auf die Ukraine hat gezeigt, dass dies eine Fehleinschätzung war. Um so wichtiger scheint es heute, sich wieder stärker für imperiale Strukturen zu interessieren und die große  Vielfalt in den Blick zu nehmen, die Imperien in der Geschichte auszeichnete. Das soll in diesem Projekt mit dem Fokus auf eine ganz bestimmte Frage geschehen, nämlich welche Räume charakteristisch für imperiale Herrschaftsstrukturen waren.

Für die Existenz imperialer Strukturen ist der Raum von zentraler Bedeutung. Anders als im Fall von Nationalstaaten wirkt er jedoch nicht als eine Art von Behälter mit fest umrissenen Grenzen, sondern lebt vor allem von der Spannung zwischen mehreren Peripherien, die sich mehr oder weniger stark auf ein Zentrum (oder auch mehrere) ausrichten. Hinzu kommt, dass imperiale Räume in der Regel aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt sind, die unter dem Dach des Imperiums oftmals ganz eigenen Entwicklungen folgen. Dieser Dynamik versucht das Projekt in einer deutsch-französischen Perspektive nachzugehen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Vergleich von expansiven Imperien, die nach Ausdehnung und Unterwerfung ihrer Nachbar trachteten, und nicht-expansiven imperialen Strukturen, wie sie etwa das Heilige Römische Reich deutscher Nation darstellte. Daneben spielt die Frage kolonialer Herrschaft eine wichtige Rolle.

Bild: TVRCICI IMPERII DESCRIPTIO („Beschreibung des Türkischen Reiches“), Karte von Abraham Ortelius (Antwerpen, 1570), © Wiki Commons  

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